Erkenntnisse und Handlungsanleitungen zur Vergabepraxis von Atelierstipendien
Grosser Nachholbedarf bei der Vereinbarkeit von Kunstberuf und Familie
Nur gerade sieben Prozent der in der Schweiz ansässigen Förderinstitutionen verfolgen bei der Vergabe von Atelierstipendien an Kunstschaffende eine familienfreundliche Praxis. Das sagt eine neue Erhebung von Visarte Schweiz unter den öffentlichen und privaten Förderinstitutionen mit Sitz in der Schweiz.
Visarte Schweiz setzt sich dafür ein, dass die Zugänglichkeit für Kunstschaffende mit Kindern und Betreuungspflichten im Fördersystem erhöht wird. Die Studie analysiert die Situation nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ und bietet konkrete Handlungsempfehlungen sowohl für Förderinstitutionen als auch für Künstlerinnen und Künstler selbst. Sie lädt zum Dialog ein und will mit konkreten Anregungen eine Verbesserung der Praxis herbeiführen.
Familienfreundlichkeit setzt voraus, dass Kunstschaffende mit Familie nicht im traditionellen Sinn als Einzelgängerinnen und Einzelgänger gesehen werden, sondern als Teil eines systemischen Sozialgefüges, das eine Familie existentiell mit sich bringt. Ein Atelieraufenthalt auf Zeit ist eine grosse organisatorische Herausforderung für eine Familie. Wird der Bewältigung der zusätzlichen logistischen Aufgaben und Kosten keine Rechnung getragen, fallen Kunstschaffende mit Kindern aus dem Fördersystem. Atelierstipendien sind ein wichtiger Karriereausweis für das professionelle Kunstschaffen. Hindernisse dürfen nicht dazu führen, dass Kunstschaffende vor die Wahl gestellt werden: Karriere oder Familie.
Damit Kunstschaffende mit Betreuungspflichten nicht vom Fördersystem ausgeschlossen werden, braucht es einen Effort aller Beteiligten: bei den Förderinstitutionen genauso wie bei den Kunstschaffenden, bei den Berufsverbänden genauso wie in der Politik.