Arte Svizzera 2024 «Confini dell’arte»
In un mondo che sembra crollare in molti settori, ci interroghiamo sui «confini dell’arte»: che cosa può fare l’arte? Esiste una libertà radicale dell’arte? L’arte deve distinguersi dalla politica, dal mercato, dalla cultura commerciale?
Abbiamo posto queste e altre domande a noi stessi e agli autori di Swiss Art di quest’anno con il titolo «Confini dell’arte». Abbiamo anche voluto che i nostri membri potessero dire la loro ancora una volta e abbiamo chiesto loro se avessero mai superato una «linea rossa» nella loro arte. Abbiamo ricevuto così tanti contributi che abbiamo potuto stamparne solo una selezione. Tuttavia, tutti i contributi possono essere visualizzati online qui. Ci auguriamo che vi piaccia sfogliarli e scoprirli.
Ernestina Abbühl, Relief glatsch blov – in memoria Covid 19, undatiert, Wandhängung, Baumwolle, Schutzmasken, Paraffin, Holzrahmen
gletschereis – in langen zeiträumen entstanden
abbrüche, schrunde, seracs
eindringende, das gletschereis aufweichende sommerhitze
in wiederkehrender nacht- und winterkälte erstarrt
unter grosser krafteinwirkung nachschiebender eisfluss
komprimiert, aufgefaltet
schutzmasken – gesammelt im besonderen jahr
getränkt in paraffin
die gletschereis-farbe als symbol für reinheit und kälte
die hygiene-maske als symbol für prävention und schutz
ausgedacht gefaltet, aneinandergereiht
repetiert, verfestigt
grenzen – eine rote linie
frage: habe ich mit meinem werk grenzen überschritten
pflicht ist zur challenge geworden
habe mich an der stille gefreut
sie in einen alpinen kontext gestellt
gletscher. eis. seracs. abbrüche. die stille wird erschüttert…
Barbara Bär, Wir und die anderen – DIE ROTE LINIE, undatiert
Um die heute maximal vorhandene Wokeness einzudämmen, benötigt es weniger rote Linien und mehr Toleranz. In der Kunst überschreite ich selbst dauernd farbige Grenzen, da ich möglichst subtile Farbschichten zuordne und gegenüberstelle, was die gängige ästhetische Kapitalisierung auflöst und/oder Dissonanzen und Bildwelten erzeugt.
Fiorenza Bassetti, Tirapugni, 2008
Gianluigi Bellei, Nudo, 2005, tecnica mista su carta
I limiti sono dati dalla società e dalla possibilità di creare degli equilibri fra i membri. Gli artisti devono forzare questi equilibri per rendere evidenti le discrepanze che possono generarsi. Personalmente ritengo di averli superati in diverse occasioni. Negli anni giovanili con alcuni espliciti nudi femminili; nel 2007 con la realizzazione tramite WebStamp di un francobollo dedicato all’anarchico Giuseppe Pinelli e nel 2009 con la performance Un quadro per tutti nella quale ho donato ai cittadini i miei lavori presenti nello studio.
David Berweger, Pseudo Brut Herbarium, 2021, free papercraft template PDF aus dem Internet, Klebefolie, Papier, Leim, gepresst, gerahmt, Installationsansicht Kunstmuseum St. Gallen
Auch wenn sie aus Papier und Folie gebaut und flachgedrückt sind, bleibt immer ein leichtes Unbehagen, wenn ich als Künstler Waffen ausstelle.
Valeria Boisco, Veste invisibile, 2023, tecnica mista, cotone, filo di cotone, filo di metallo, ferro, pittura, cera, colla, vetro
L’opera presenta una serie di assorbenti mestruali smaterializzati e decostruiti. Vuole affrontare i tabù del ciclo mestruale, reso praticamente invisibile dall’uso dell’assorbente interno. Ancora oggi, la parola «mestruazioni» viene evitata o considerata da molti come «sporca».
Catherine Bolle, L’Orient explosé, 2024, dessin, crayons de couleurs, sur photographie imprimée de mon objet, réalisé en août 2020 juste après l’ explosion du port de Beyrouth
Kate Burgener, ZONEN 1988 no 2, 1988
Parkplätze sind Flächen, die heilig und unantastbar waren und noch immer sind. Trotz Vorsprechen bei der Stadtpolizei Luzern, mit Erläuterungen des künstlerischen Konzepts und einem illustrativen Dossier erhielt ich keine polizeiliche Bewilligung für diese Arbeit. Ich habe die zehn Arbeiten an verschiedenen Orten der Stadt Luzern trotzdem durchgeführt.
Alfons Bürgler, Körperschriften, undatiert, Acryl auf Papier auf Leinwand
KUNST
DARF
ALLES
provozieren
erfreuen
ärgern
aufklären
beflügeln
betören
befreien
leben
sichtbar machen
anstössig sein
provozierend sein
menschlich sein
aufbauend sein
zweckvoll sein
göttlich sein
inspirierend sein
stille sein
friedlich sein
sinnvoll sein
ruhig sein
aussergewöhnlich sein
symbolisch sein
schöpferisch sein
F&D Cartier, Wait and See, 1998 – heute
Marina Casellini, Limiteconfine 1. Incontro del Monte S. Giorgio e M. Generoso, visto da Villa Argentina, Mendrisio TI CH, 2024
Rodica Costianu, La vie n’a pas de prix, 2016, tryptique, acrylique/encre sur toile
Christoph Eberle, Herz, 2019, Öl auf Leinwand
Für eine Ausstellung hyperrealistischer Malerei im Stadthaus von Paris-Levallois schlug ich vier Gemälde vor. Alle wurden vom Kurator und seinem Team für gut befunden. Dann trat die Bürgermeisterin auf den Plan. Mit der Begründung, dass auch Schulklassen die Ausstellung besuchen werden, wurde das Bild eines Hühnerherzens nicht zur Ausstellung zugelassen.
Das sachlich und neutral gehaltene Ölgemälde eines Stück Fleisches, das wir ganz alltäglich im Supermarkt einkaufen können, wurde zensuriert.
Elisabeth Eberle & Ruth Righetti, Der unbekannten Künstlerin*, 2021
Ist Aktivismus Kunst? Grenzen überschreiten ist in der Kunst ein elementares Anliegen, um gesellschaftliche Themen in Bewegung zu versetzen. Als Protest gegen die Eröffnung des mit 118 Millionen subventionierten Neubaus des Kunsthauses Zürich im Frühjahr 2021 mit ausschliesslich männlichen Künstlern ist unser Denkmal «Der unbekannten Künstlerin*» gut sichtbar in einem privaten Garten vis à vis entstanden. Heute wird die Provokation im Kunsthaus in der Ausstellung ReCollect! gezeigt, wo Hulda Zwingli für den Protest gegen die mangelnde gesellschaftliche Repräsentation steht.
Al Fadhil, Sometimes the nature imitates human actions, 2020/1990, Digital print from slide
L’arte, agisce nell’immaginazione e la creatività si concretizza senza vincoli, dove le cosiddette linee rosse vengono travolti. Tuttavia, spesso, per causa di norme sociali e culturali, l’espressione artistica corre il rischio di imposizione e limiti ostacolando la libera espressione. Queste misure derivano da censura, pressioni ideologiche o interessi economici che cercano di controllare o manipolare le narrazioni atistiche. Comunque, gli artisti, hanno sempre sovvertito lo status quo.
Denise Felber, Death, 2023, Polymerprint
Die Verbindung von Kunst und Protest ist aktuell, oft wirkt sie als Provokation, die Grenzen sprengt und nicht allen gefällt. In Zeiten von Polykrisen soll Kunst gesellschaftsrelevante Themen ansprechen. Kunst soll Auswirkungen auf Wertvorstellungen haben und so versuchen, Kunst ins Leben zu holen.
Aline Fournier, Silence, 2020, Extrait d’exposition GPS OFF, Le Manoir de la ville de Martigny
Elisabeth Fux Mattig, Adam und Eva, undatiert, Tusche auf Papier
«Der Trieb, selber wissen zu wollen, führt dazu, Grenzen zu überschreiten.» Rolf Kaufmann
Patrick Gloor, Wer tötete Roger Köppel, 2016, In Anspielung auf Theaterplakat «Tötet Roger Köppel!/Köppel Roger tötet!» von Philipp Ruch (Zentrum für politische Schönheit) für das Stück «2099» am Dortmunder Theater, Öl und Graphit auf Papier
Martin Gut, GÜTSCH – S = GUT.CH, 2006
Flurina Hack, Sweet Army – Friedhof der Favoriten, 2018, Foto Maximilian Lederer
Das Foto zeigt eine niedliche Bodentruppe aus zehn Marshmallows. Mit ihren kurzen Beinen aus bunten Pinnwandnadeln stehen sie in einer Vitrine voller Trash. Neben den süssen Kämpfern liegt ein Textausschnitt, der wie eine Prophezeiung klingt: «Friedhof der Favoriten.»
Sweet Army ist irgendwann verschwunden. Wurden sie aus dem Hinterhalt angegriffen? Sind sie desertiert oder haben sie bis zum Schluss heldenhaft gekämpft? Ihr Ende bleibt für immer im Dunkeln. Was wir sicher wissen: Sweet Army ist längst Geschichte.
Ironisch oder verharmlosend? Subtil oder einfach nur blöd? Wo sind die Grenzen der Kunst? Sich heute über den Kriegen lustig zu machen, ist eine Gratwanderung.
Heidi Hahn, Sag mir wo die Blumen sind … – Variation IV, 2019, Text in der Brailleschrift, Acryl auf Leinwand
Der 1. Artikel der Menschenrechte lautet:
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Menschlichkeit begegnen.
Auch wenn es manchmal sehr schwer fällt, sich an diesen Artikel zu halten, so haben gerade wir Künstler:innen die Pflicht, diesen Appell ernst zu nehmen. Wir haben doch die Möglichkeiten und die Mittel, gesellschaftliche Missstände anzuprangern, ohne die Würde anderer zu verletzen.
Svetlana Hansemann, Epilationsperformance, 2007
Barbara Hennig Marques, In Memoriam Letizia, 2022, Performance in Erinnerung an die Mafia-Fotografin Letizia Battaglia in Cefalù, Sizilien
Im Sommer 2022 setzte ich mich für eine Performance in Cefalù, Sizilien, in Unterwäsche gekleidet auf einen Platz und liess mich von Künstler:innen und Passant:innen bemalen zur Thematik Mafia, Frauen, Gewalt. Nach den Bemalungen machte ich jeweils ein Ritual, indem ich durch die Altstadt zum Meer lief, um mich abzuwaschen. Und hier stiess ich an die Grenzen der Kunst: Die Gemeindebehörde erlaubte nicht, dass ich «halbnackt» durch die Stadt laufe. Die Lösung war ein weisses Leintuch, in Anlehnung an die Frauen in Palermo, die als Protest gegen die Mafia-Attentate weisse Leintücher aus den Fenstern hängten mit der Parole «Schluss mit der Mafia».
Jan Hofer, Service Public, 2023
Service Public ist eine Arbeit, in der ich mich entlang verschiedener Grenzen bewege. Jene zwischen Kunst und Alltäglichkeit, zwischen Performance und Funktionalität, zwischen Sinn und Unsinn. Im Zentrum des Projekts stehen fünf bunte, unförmige Found Objects. Diese «erbte» ich bei der Auflösung einer Arbeitsintegrations-Werkstatt, wo sie als unbrauchbare Nebenprodukte einer Hüpfburgen-Produktion entstanden waren. Seither kümmere ich mich um die sogenannten Gschwür-Objekte und trage sie von Ausstellungsraum zu Ausstellungsraum – jeweils durch den öffentlichen Raum und in voll aufgeblasenem Zustand.
Hermann Huber, Künstliches Weinen, undatiert, Pralinenosterei, Zeitungspapier
Georgine Ingold, Porno No. 4, 2023, Öl auf Leinwand
Porno. Frei verfügbar im Internet, unverschämt und roh. Eine gewisse Zimperlichkeit, die ich überwinden musste, um diese Darstellungen zu Papier zu bringen, war zugleich die Zimperlichkeit, die ich überwinden musste, um vom verdichteten, über Tage und Wochen aufgebauten Ölgemälde zu einer spontanen, unbekümmerten, frechen Umsetzung eines malerischen Motivs zu gelangen.
Madeleine Jaccard, Ohne Titel, undatiert
Ist Kunst noch Kunst, wenn Sie auf einem Alltagsgegenstand erscheint?
Ein Regenschirm mit Monets Seerosen?
Die grosse Welle von Hokusai auf einer Laptophülle, oder darf es eine Kaffeetasse mit einem Miro-Sujet sein?
Die Beispiele sind mannigfaltig. Darf man das überhaupt? Diese grossen Werke so banalisieren?
Ich dachte, ich könnte diesem Prozess der Vermarktung ja zuvorkommen. Ich drucke meine Merchandising-Gegenstände gleich selbst. Noch bevor ich tot und dann vielleicht berühmt bin.
Barbara Kiener, Blood Words, 2018, Performance im Cabaret Voltaire, Zürich
Zum einen überschreite ich mit meinen illegalen Kunstaktionen strafrechtlich-gesetzliche Linien, zum anderen die psychisch-physischen Grenzen in der Performance-Kunst durch Zeit, Schmerz und Erdenleid.
Monika Kiss Horváth, REMEMBER, 2014/2024, Ortsspezifische Rauminstallation Kunstmuseum Luzern
Nicht der Wand, dem Boden oder der Decke gilt mein Interesse, sondern der Promenade Muséale mit ihren Raumfolgen und Durchgängen. Was geschieht an der Grenze zwischen zwei Ausstellungsräumen? REMEMBER interveniert bei einem der Übergänge von einem Raum zum andern, sodass ich gezwungen bin, davor stehenzubleiben und innezuhalten; der Durchgang ist unpassierbar. Zwei Plexiglas-Scheiben trennen die Räume voneinander, geben sie jedoch für die Betrachtung frei, wenngleich farblich verfremdet und spiegelnd.
Marie Danielle Koechlin, Un colère de Bébé, sans date
Où s’arrête l’art et où commence la psychologie ?
Si j’ai intitulé mon site « artdelaconscience », c’est que pour moi, prendre conscience de ses multiples facettes, des plus généreuses aux plus avares, des plus lumineuses aux plus obscures ou sinistres, des plus sociables aux plus cachées, des plus tendres aux plus agressives ou carrément méchantes, etc. et les exprimer fait partie intégrante de ma façon de créer, partant de mon art.
Mariann Landolt, GEFUNDEN/GESEHEN, undatiert, Alte Zementfabrik Brunnen SZ
Es liegt in der Natur meiner laufenden Langzeitprojekte, GEFUNDEN und GESEHEN, an Grenzen zu gehen oder diese auch zu überschreiten. Innerhalb dieser Recherche-Arbeit überkommt mich oft ein grenzwertiges Gefühl zwischen Angst (Hemmung) gleichzeitig aber auch Faszination, welche mich bestärkt an der Schnittstelle von Kunst und Alltag weiterzuarbeiten.
Ricardo Lisi
Ancora in tanti territori ci sono limiti alla creazione artistica. Non solo nell’accesso alla cultura o per la mancanza di libertà d’espressione individuale. Ci sono limiti posti da valori estetici tradizionali, da mancata conoscenza del contemporaneo. Questi sono limiti che artisti e curatori devono poter sempre superare. Ancora dobbiamo difendere ogni artista, se attaccato per aver superato limiti posti da riferimenti desueti. Ogni artista memorabile della classicità aveva superato quei limiti.
Jürg Luedi, < meeting request >, 2008/2010, Intervention mit persönlichen Büropflanzen im Rahmen von «art goes office – office goes art», Bern
Laurence Lumière, Kunst, 2024
Hoa Luo, youpuke – war is forever, 2016
Gérard Lüthi, Chutes de Ramboda, 1983/2018
Manon
Die Kunst darf alles und muss nichts.
Seit Jahren steht dieser Satz – mit Lippenstift geschrieben – bei mir auf einer der letzten noch verbliebenen Spiegelwände, stammend aus meiner allerersten Kunstaktion, dem Lachsfarbenen Boudoir, Zürich 1974.
Susan Mézquita, Pressure, 2023
Heidi Miserez, Frauenakte, undatiert
Anlässlich einer Ausstellung im Foyer eines Geschäftshauses in Zürich 2023 sorgten diese Bilder für Aufsehen. Sie wurden von einigen Mitarbeitenden als sexistisch und frauenverachtend wahrgenommen. Die Organisatorin wurde aufgefordert, die Bilder zu entfernen – was dann auch geschah. In diesem Kontext die Frage: Wurden hier wirklich Grenzen überschritten? Oder handelt es sich hier um Aktivismus und/oder Dogmatik?
Pierre-Alain Morel, JUST STOP (OIL), 2024
Même une ligne rouge est relative. Elle dépend d’une époque, d’une culture, d’un point de vue, de codes. Aujourd’hui, plus rien n’est impossible dans le milieu artistique et paradoxalement la société se (re)moralise complètement. On se fait des procès pour une phrase, on interdit l’avortement … une vraie fin de civilisation.
Malizia Moulin, Se rassembler pour mieux briller, sans date, Peinture acrylique dorée sur papier bleu
Lorsque l’on grandit, la couche de protection devient trop étroite et craque. Ça tire. Mutation. Tout est vif. Perte de maîtrise. Lâcher prise. Respirer. Concentrer la lumière et l’expanser. Admirer. Accueillir avec amour et grâce ce nouveau sanctuaire de paix en construction. Expansée – Ex pensées. Souvenir de ma fuite de la folie du monde dans la création artistique excessive menant à la folie transcendante connexion d’une réalité parallèle. L’âme or.
Patrik Muchenberger, Öl-Russ, schwefelarm, 2024, Russ aus verbranntem fossilem Öl
Die Freiheit der Kunst ist gewährleistet.
So lautet der Eintrag in der Bundesverfassung im Artikel 21.
Deshalb sind in meinen Gedanken alle Werke möglich.
Ressourcen fehlen jedoch oft.
Pascal Murer, Wing, 2023, Holzarbeit
Wie weit darf Kunst gehen?
So weit wie möglich.
Wo hört Kunst auf?
Wo sie nicht mehr notwendig ist. Im Paradies?
Wie hast Du mit Deiner Kunst schon Grenzen überschritten?
Im Traum als Raumfahrer. Ich schwebte herum und modellierte funkelnde Sterne im unendlichen All. Das war grenzenlos schön!
Birgit Olzhausen, CICATRIX, 2022, PVC, Acryl, Draht,
Sibylle Pasche
Ich überschreite die rote Linie auf der gegenüberliegenden Seite, am entgegengesetzten Ende des progressiven Kunstspektrums, indem ich an Tradition, unseren kulturellen Wurzeln und Werten anknüpfe und diese in der klassischen Form der Skulptur in die Gegenwart führe und dem konzeptionellen Trash bewusst gegenüberstelle. Mein «Vergehen» besteht darin, in meiner nicht weniger tiefgründigen Auseinandersetzung zu formal und nicht konzeptionell genug zu sein, um ins aktuelle Kunstgeschehen zu passen.
Eva Pauli
Aktivismus, Dogmatik betrachte ich als absolutes NO GO.
Die einzige Grenze ist die Qualität – leider kann und wird diese zu oft mit/durch Aktivismus beurteilt.
Es gibt leider keine seriöse Kunstkritik mehr, die mit Wissen, Erfahrung und ohne Ideologie Kunstschaffen begleiten würde.
Roberto Pellegrini, L’isola immaginaria, senza data, Fotografia digitale, stampa su carta cotone
Il confine della linea rossa è concepito dall’Isola, simbolo dell’ultimo spazio di terra dove sopravvivere prima di venire sommersi dalle acque. Situazione estrema che porta a non avere più una visione nitida ma solo a intravvedere piccoli spazi di realtà. L’elaborazione tecnica allude allo sgretolamento di questa, fino ai confini dell’immaginario.
Pengpengduo, Painterspainting-Tour, ab 2018
An der Kunst-Architektur-Schnittstelle entfaltet das Pengpengduo (#dblpng) eine künstlerische Intervention. Seit 2018 schafft es in der «Painterspainting-Tour» lebendige Ateliers in gefährdeten Gebäuden. Mit Farbresten und lokalen Materialien webt es Kunstlandschaften, die Verfall und Lebendigkeit vereinen. Trotz Hindernissen verdeutlicht seine Arbeit die transformative Kraft der Kunst und ihre Fähigkeit, Diskussionen anzustossen.
Manuela Villa-Petraglio, Furono pecore, 2001, olio su tela
Il senso profondo del quadro Furono pecore è strettamente collegato alla tematica dell’alimentazione ed in particolar modo al consumo della carne. È un grido a protezione degli animali che sono anche metafora dell’intera umanità, degli esseri più deboli della nostra società.
Dipingo per un bisogno espressivo, comunicativo. La mia arte è anche denuncia … il lavoro fisico della pittura si fonde con il lavoro concettuale. Arte e attivismo, non ci sono confini nel mio lavoro.
Laurence Piaget-Dubuis, Le glacier des réfugiés (Glacier du Rhône VS, CH), 2023, Marcher de Genève à Berne et exposer sur la Place Fédérale, Photo : Michael Megard
Fabiola Quezada, Vive la Vida, senza data
Dipingo nudi maschili dal vivo da più di vent’anni. Questo percorso mi ha convinto che è urgente sradicare il machismo/patriarcato e i relazioni di potere. La mia intenzione è quella di rivelare un uomo attraente, ciò che considero sia la sua bellezza ; è la sua vulnerabilità, il suo lato emotivo, la sua bontà e non la sua forza fisica. Con il mio lavoro mi occupo di quella parte della storia dell’arte che ci manca, quella visione femminile verso la figura umana maschile nuda.
Michaël Reinhold, Performance im Bärenkostüm, 2018
Bei einer Performance im Bärenkostüm 2018 in einer Shoppingmall in Hongkong stellte ich die Frage: «What’s the biggest problem in Hongkong? It’s the pollution! They need to invest in renewable energies, like they do in the Netherlands with windmills.» Und dann holte ich meine Windmühle, die mein Penis war, für drei Sekunden hervor und wirbelte ihn herum, «because underneath the windmill lies the lost Chinese dragon egg and it brings back the glory from old days!»
Es folgten zwei Tage Untersuchungshaft im Bärenkostüm.
Raphael Rezzonico, Ohne Titel, 2024
Wenn sich Kunst dem jeweiligen Zeitgeist, der politischen Situation, dem sozialen Umfeld und der Moralvorstellung unterwirft, sprengt Kunst die rote Linie nicht. Was heute provoziert, erzeugt morgen ein müdes Kopfschütteln.
Jocelyne Rickli, Le goût du néant, 2021, Poussière textile sur toile
Dans ce travail qui se veut poétique, la limite ou le côté trash réside dans le matériau de récupération utilisé, à savoir la poussière textile récoltée dans le sèche-linge, utilisée à la place de peinture. A première vue, il s’agit d’un banal tableau abstrait et pourtant, en y regardant de plus près, une sensation de dégoût peut se développer à la vue des fragments de poussière issus du lavage de linge sale et dévoilant une intimité.
La ligne rouge se situe là où commence la malveillance.
Ann-Claude Rigo, Khaos, sans date
Roland Rüegg, Dogtrees oder Stammbäume, 2021, Eiche 3-teilig
Die Arbeit bezieht sich auf die Beziehung zwischen Mensch und Hund. Sie sind unsere Lieblinge, Prinzess:innen und Jäger:innen zugleich, welche angebunden werden müssen …
Die Idee dazu kam mir, als während der Vernissage einer Ausstellung ein Hund eine meiner Figuren anpisste! Also habe ich nun extra für die Hunde Objekte geschnitzt. Spaziergänger und Hündeler werden ihre Freude haben.
Adelheid Sandhof, Die Rote Linie, 2022
Andreas Schneider, IRIS, 2024, Offener Wettbewerb Kunst & Bau, UPK Basel
Die Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel-Stadt (UPK) haben eine Ausschreibung für eine Skulptur zum 15-jährigen Jubiläum der Aufnahme ausgeschrieben. Dazu war ein begrenzter Bereich vor der Zentralen Aufnahme vorgesehen. Mein Vorschlag IRIS sah die Applikation eines 540m2 grossen Regenbogenschweifs von der Zufahrtsstrasse via Parkplatz bis zur Aufnahme hin vor. Der Regenbogen sollte ein Symbol der Verbindung setzen und die Präsenz der UPK im Quartier stärken und alle Ankommenden begleiten. Von der Jury gelobt, wird das Projekt nun als Verhinderung mit Normen der Vereinigten Strassenfachleute (VSS) unterbunden. Hier werden einem die Grenzen der Kunst im Ansatz des Lebens im öffentlichen Raum klar aufgezeigt.
Sébastien Théraulaz, Smog, sans date
Diana Seeholzer, Rückstände, undatiert
Am Ende einer Ausstellung wischte ich den Boden. Aus dem vermeintlichen Abschluss entstand ein neues Werk. Eine eher persönliche Grenze, die hier überschritten wurde.
Ferdinand Seiler
Es gibt keine rote Linie in der Kunst. Kunst sollte alles darstellen und dokumentieren dürfen. Kunst darf sich nicht vom Zeitgeist oder der Politik gängeln lassen. Der Künstler muss jedoch die Verantwortung für sein Tun und dessen Folgen übernehmen.
Gibt es wirklich keine roten Linien in der Kunst? Doch! Gewaltdarstellung und deren Verherrlichung, Pädophilie, Diskriminierung, Respektlosigkeit gehen nicht. Selbst bin ich bestrebt, mich daran zu halten.
Miriam Selmi Reed, Postcards from the Edge, undatiert, Falzbild-Installation
Marion Strunk, BOMB, 2023, bestickte Fotografie
Kunst ist das grosse Unbekannte. Würde sie sagen, was gesehen werden soll, was zu tun ist oder wohin es gehen muss, wäre sie am Ende. Kunst kann für sich nicht in Anspruch nehmen, Forderungen oder Appelle aufzuzeigen. Vielmehr ist mit ihr die Intention angelegt, auf eine spezifische Weise wirken zu wollen. Kunst kann als «eine Gegenarbeit» betrachtet werden, nicht im Sinne eines blossen Dagegen-Seins. Gegenarbeit thematisiert eine Unterbrechung, um die ästhetische Differenz zu den Zuständen des Gewohnten und Bekannten auszuloten. So nehme ich in meiner Arbeit den Faden auf, sticke ihn in die Fotografie und störe das Bild.
Ivana Taglioni, Carrello Prezio, 2015
Carrello, contenitore di beni di consumo, per le persone senza tetto diventa contenitore di tutto ciò che possiedono. Opera presentata evento “TRANSITI” Balerna, performance ed esposta alla Cooperativa Popolare. I visitatori erano invitati a lasciare beni di consumo destinati a Casa Astra, Mendrisio.
Carrello Prezioso, arte attivista; con la performance ritengo di aver superato dei confini: confini personali superati proprio nell’osare fare una performance su territorio pubblico e tra la gente.
Floriane Tissières, Lassitude, 2023, bois, ivoire, peinture acrylique, plastic
Gerda Tobler, Was, wenn …?, 2021, Plakatskizze
Weil diese Frage im Jahr 2021 nur schon als Gedanke einer Grenzüberschreitung gleichkam, mit der mensch etliche Feind(un)seligkeiten riskierte, blieb’s bei der kleinen Skizze für ein mittelgrosses Plakat.Im Hinblick auf den demnächst zu ratifizierenden neuen WHO-Pandemiepakt, der dem General-Direktor eine noch nie dagewesene, weltweite Macht einräumt, gewinnt sie erneut an Aktualität. Vielleicht male ich das Plakat doch noch…
Tanja Trampe und Daniela Petrini (data | Auftrag für parasitäre Gastarbeit), TRACKCKING, 2016
Mapping und Walking sind zentrale Bestandteile unserer Arbeitsweise (parasitäres Prinzip), mit der wir Grenzbereiche zwischen Kunst und Sozialem ermitteln. Die Intervention TRACKCKING (BBLACKBOXX/Artachment, Basel 2016) entwickelte im Dialog mit geflüchteten und temporär im EVZ Bässlergut lebenden Menschen Werkzeuge zur Selbstermächtigung am fremden Ort. Vertrauliche Mappingworkshops führten zu öffentlichen Walks und Offenlegung dieser sensiblen «Grenzgänge» als Wandzeitung und Rauminstallation.
Michael Tulio
Timo Ullmann & Marco Baltisberger, strato(caster)sphere, 2022, Videostill von Ballonfahrt vom 2.1.2022 von La Brévine via Stratosphäre nach Ziegelbrücke
Andrea Vogel, Aktion Stacheldraht, 2007, Videostill
Am 1. August 2007 drang ich in Schutzkleidung in einen von der Polizei mit Stacheldraht abgesperrten Hinterhofgarten ein, um dort eine Wunderkerze anzuzünden. Der Stacheldraht hinter einem der Abbruchhäuser an der Zimmergartenstrasse in St. Gallen sollte der Fernhaltung unerwünschter Gäste dienen.
Alexandra Vom Endt, OPEN, 2021/2022
Die Arbeit OPEN 2021/2022 nimmt sich der Panzersperre an der alten Hauensteinstrasse an. Sie macht das Bollwerk aus dem 2. Weltkrieg sichtbar und funktioniert es um: in einen Aufruf zum offenen Denken über gemeinsame Lösungen in unserer globalisierten Welt.
Sygrid von Gunten, Gattaca, 2001
Monica von Rosen, Luzerner SPIEGEL-Eier-Spiel im Mai 2021, 2024
Guido von Stürler, T.O.N. – F.A.L.L. (Teile ohne Nennwert), 1991
Wir wissen, dass sich die Grenzen der künstlerischen Freiheit von Generation zu Generation und je nach den politischen und moralischen Vorstellungen/Haltungen der Gesellschaft verschieben. Ich hab in den 1980er und 1990er Jahren Ablehnung, Zurückweisung und Drohung erfahren, weil ich u.a. mit organischem Material (Schmeissfliegen) gearbeitet habe. Heute kann dieses Material laut EU-Kommission als Snack oder Zutat verwendet werden, zum Beispiel in Protein- und Nudelprodukten oder in Keksen.
Curt Walter, Wie weit darf die Kunst gehen?
Für mich als Künstler sind Inspirationen, Fantasie und Imaginationen das Lebenswasser für meine künstlerische Praxis. Ich unterscheide zwischen «Inside Out Art» und «Outside In and Out Art», um künstlerische Ideen umzusetzen.
Romy Weber
Die Grenzen wurden in dem Moment, als ich mich als Frau für die Kunst entschieden habe, bereits überschritten. Heute in meinem 88. Lebensjahr bin ich glücklich, als Grenzgängerin gelebt zu haben.
Kurz: Grenzgängerin aus Leidenschaft.
Yvonne Christen Vagner, Melted Heart, 2024
Pierre Zufferey, No Slave, sans date
Ce travail est ma vision de l’oppression culturelle dont sont victimes certaines femmes à travers le monde. Dans les filets de la modernité, l’esclavage se déguise en mille visages. Les femmes sont trop souvent captives de violences et asservies au nom d’un dogme. Il nous faut résister à ces injustices déguisées et défendre leurs droits en leur accordant la grâce du libre arbitre, notamment dans le choix de leur parure, afin qu’elles puissent s’épanouir dans la lumière de leur individualité.
Hulda Zwingli, Wo finde ich hier Kunst von Frauen?, 2020
Wer möbliert die Innenstadt? Hulda irrt herum. Je teurer der Ort, desto weniger Kunst von Frauen*. Soll sie das ihren Kindern beim Monopolyspiel erklären?